Von Wladivostok nach Chita

Expeditionsmässig ausgerüstet mit Proviant und Wasser für mehrere Tage machen wir uns auf den Weg. Die Strecke in Russland war bei der Reiseplanung eher als Mittel zum Zweck gedacht, sie sollte die Verbindung zwischen dem Hafen, wo die Fahrzeuge ankommen und der Mongolei, die ja eines der Hauptziele unserer Reise ist, herstellen. Die mit Schlaglöchern übersähte Strasse führt vorbei an Plattenbauten und schäbigen Fabriken. Wir kommen langsamer voran als erwartet und sehen uns schon die ganzen 4000km bis zur mongolischen Grenze im Schneckentempo fahren. Doch wie so oft auf dieser Reise hat uns Russland überrascht und begeistert. Plötzlich fuhren wir auf einer nagelneuen Strasse, vorbei an Feldern, riesigen Sumpfflächen, kleinen Moorseen; erst nach etwa vier Tagen kommen wir in die weiten Wälder, die man in Sibirien so erwartet und die landschaftlich abwechslungsreicher sind als gedacht. Das Wetter ist herrlich sonnig und warm. Entlang der Strasse findet man immer wieder Siedlungen aus kleine Hütten, die alle ihre eigenen Obst- und Gemüsegärten haben. Es scheint, als ob die Menschen hier so autark wie möglich leben. Überall wo wir anhalten, werden wir angesprochen und obwohl wir kein Russisch können und die meisten Russen kein Deutsch, sind es sehr herzliche Begegnungen. Am zweiten Tag schenken uns drei Fischer, die in der Nähe von unserem Schlafplatz an einem Moorsee angeln, sogar einen grossen Fisch. Nach zwei Tagen erreichen wir Khabarowsk, die Hauptstadt des Verwaltungsbezirks Ferner Osten. Die Stadt am Amur, dem grossen Grenzfluss zu China, wird von zwei riesigen Kirchen dominiert. Wir bleiben nur kurz, da es schon später Nachmittag ist und suchen uns dann nach der Stadt einen Ort zum Übernachten.
Einen Platz zum Übernachten zu finden war bis jetzt nicht besonders schwer. Das Land ist riesig und so dünn besiedelt, dass zwischen den einzelnen grösseren Städen mehrere hundert Kilometer „Niemandsland“ liegen. Unterwegs stocken wir unsere Vorräte in einem grösseren Ort auf. Die Einkaufsmeile hier besteht aus etwa sechs kleinen Geschäften, die alles, was man so braucht, verkaufen. Viele sind komplett bedient, was für uns ein wenig befremdlich aber auch sehr lustig ist. Wenn man erst mal über seinen eigenen Schatten gesprungen ist, merkt man, dass man sich auch ohne die gleiche Sprache zu sprechen, verständigen kann. Eine Tagesetappe vor Chita gelangen wir dann überraschenderweise auf eine grosse, baumlose Hochebene die sich, von riesigen Feldern durchzogen, bis an den Horizont erstreckt. Hier verbringen wir die letzte Nacht, bevor wir unser Etappenziel erreichen.

Der erste Lagerplatz

Scheinbar endlose Strassen

Verschiffen 3: Vladivostok

Nachdem man sein Fahrzeug dem Kontainer anvertraut hat, kann das Schiff, auf dem der Kontainer ist, im Netz oder mit einer App verfolgt werden (z.B. FindShip). Mit der Kontainernummer kann wie bei einem Packet der Status abgefragt werden.

Als wir am 16.07. in den Flieger nach Vladivostok stiegen, war der Kontainer in Busan und wartete auf sein nächstes Schiff. Dieses verzögerte sich leider, wodurch wir in Vladivostok etwas Zeit für Sightseeing hatten!

Für die Logistik in Vladivostok haben wir uns wieder Unterstützung von einem Unternehmen geholt. Dies aus dem einfachen Grund, dass wir kein Russisch sprechen und den Ablauf am Hafen nicht kennen. Wir haben uns für die Firma Links Ltd entschieden, da diese in verschiedenen Foren erwähnt wird und in Englisch sowie Deutsch kommunizieren kann. Dieses kleine Unternehmen hat sich auf das Verschiffen von Fahrzeugen von und nach Vladivostok spezialisiert.

Nach einem Tag in Vladivostok kam unser Kontainer an. Wir mussten jedoch einen weiteren Tag warten, bis unser BL abholbereit war. Als es so weit war, wurden wir von Svetlana von Links Ltd abgeholt und konnten bei Fesco das Dokument abholen.

Auch für den Zoll wurden von Svetlana alle Dokumente vorbereitet. Diese beinhalteten:

– Kopien von unseren Pässen und Visas

– Kopien von den Fahrzeugausweisen

– Kopien von unseren Führerscheinen

– Bilder der Nummerschildern

– Bilder der Chasisnummer

– Bilder vom Verladen

– Versicherungsnachweis für die Fahrzeuge (wurde von Links Ltd organisiert)

Alle Dokumente mussten natürlich unterschrieben werden.

Mit diesem Papierbündel verschwand Svetlana im Zollbüro. Unsere Pässe wurden kontrolliert, um unsere Anwesenheit zu bestätigen, mehr haben wir vom Zollprozess leider nicht mitbekommen. Wir waren aber sehr froh, dass alles so reibungslos geklappt hat!

Da es in Vladivostok anscheinend nicht möglich ist, den Kontainer im Hafengebiet auszuladen, dauerte es nochmals einen Tag bis wir unseren Kontainer an einem Terminal ausserhalb der Stadt wieder bekamen. Wiederum hat uns Svetlana abgeholt und zum Terminal gebracht. Das Siegel wurde geöffnet und die Fahrzeuge waren noch ganz:-D Angesprungen sind sie auch ohne Probleme und unsere Reisegruppe war vollständig!

Startschuss in Wladiwostok

20170719_165651Die ersten Tage unserer Reise verbachten wir mit Warten. Warten auf den Kontainer, warten auf besseres Wetter und Jetlag auskurieren. Nach 24h Reise waren wir erst mal alle sehr müde und froh, dass der Kontainer einen Tag Verspätung zu unserer Ankunft hatte. Am zweiten und dritten Tag beschlossen wir uns die Stadt anzusehen. Sowjetische Denkmäler an allen Ecken, viele teilweise auch verfallene Hochhäuser, dazwischen Kirchen mit goldenen Zwiebeltürmen.
Wladiwostok liess uns in eine Welt eintauchen, die mir bisher immer nur aus Geschichtsbüchern bekannt war.
Und dann kam der Regen. Erst leichte Schauer dann stärkere Platzregen und vor allem Nachts heftige Gewitter und Regen, der ganze Strassen in Bäche verwandelte und leider auch vor unserem offenen Zimmerfenster nicht halt machte.
Am dritten Tag konnten wir ausserdem die Hafen- und Zollpapiere erledigen und am vierten Tag wurde alles anders: der Himmel war plötzlich stahlblau, die Flaniermeile und sämtliche Kaffees erwachten zum Leben und Wladiwostok präsentierte sich von einer ganz neuen Seite. Und wir durften endlich unsere Fahrzeuge aus dem Kontainer befreien. Was für ein freudiges Wiedersehen. Es ist  doch ein kleines Stück Heimat, das man nun plötzlich wieder bei sich hat.
Nun sind wir voller Tatendrang und ready to hit the road ;-).

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